Wielandgut

Den idyllisch gelegenen Ort am Ilmufer hatte Reichsgraf Heinrich von Bünau 1756 für den Bau einer repräsentativen Schloßanlage ausgewählt. Er beauftragte wahrscheinlich Sachsen-Weimars Landbaumeister Johann Georg Schmidt, einen Neffen Georg Bährs, des Architekten der Dresdner Frauenkirche, mit der Planung der Anlage, von der zwischen 1757 und 1762 nur die beiden Seitenflügel ausgeführt wurden, da der Bauherr 1762 starb. Auch eine prächtige Gartenanlage französischen Stils, mit Wasserspielen und zahlreichen Bassins, wurde angelegt und unter Herzogin Anna Amalia ausgebaut, die das Gut für Sommeraufenthalte mit ihren beiden Söhnen nutzte. Der Regierungsantritt Herzog Carl Augusts im Jahr 1775 änderte die Lage: Der Unterhalt des Parks, der nicht mehr der aktuellen Gartenästhetik entsprach, wurde zu kostspielig. Also ließ man ihn umbrechen und führte das Gut der landwirtschaftlichen Nutzung zu. Nur die Brunnenanlage gibt heute noch einen Eindruck von der ursprünglichen repräsentativen Gestaltung.

Nachdem mehrere Pächter das Gut bestellt hatten, verkaufte Carl August es 1794 mit seinen sämtlichen Liegenschaften der Gemeinde Oßmannstedt. Dies gab den Oßmannstedtern die Gelegenheit, sich mit dem Kauf von allen Pflichten und Abgaben zu befreien, die sie dem Grundherrn schuldig waren. Die Gemeinde verkleinerte den Grundbesitz und bot das nun fronfreie Gut wieder zum Kauf an.

1797 erwarb es Christoph Martin Wieland für 22.000 Taler, die er mit den Einkünften aus seiner seit 1794 erscheinenden Werkausgabe nebst den landwirtschaftlichen Erträgen des Guts zu finanzieren dachte. Sein Kauf hatte neben wirtschaftlichen Erwägungen zum Ziel, sich aus der lärmenden Residenzstadt mit ihren gesellschaftlichen Verpflichtungen zurückzuziehen und seinen Traum eines standesgemäßen Lebens auf dem Land zu verwirklichen. Ruhm und Erfolg gewährten ihm, einem deutschen Dichter, jenen aristokratischen Lebensstil, den die Nationaldichter Englands und Frankreichs wie Alexander Pope und Voltaire längst erreicht hatten. Das Gutsleben bedeutete keineswegs Einsamkeit: Die Liste der illustren Besucher ist lang und reicht von der Weimarer Prominenz über den Hochadel bis hin zur jungen Romantikergeneration, wie Heinrich von Kleist und Clemens Brentano. Der Tod seiner Frau 1803 und finanzielle Schwierigkeiten beendeten Wielands Zeit in Oßmannstedt, er zog zurück nach Weimar. Nach seinem Tod 1813 bestattete man ihn im Gutspark Oßmannstedt neben seiner Frau und der 1800 hier verstorbenen Sophie Brentano.

Auch wenn die Blütezeit Oßmannstedts damit vorüber war, zog der Name Wielands weiterhin namhafte Gäste an: Franz Liszt musizierte im Gartensaal, sogar Leo Tolstoi besuchte Gut und Grab. 1939 machte Arno Schmidt eine Pilgerfahrt zum damals fast vergessenen Wielandgut.

An die Stelle der Nutzung als landwirtschaftliches Gut und als Wohnort trat nach der Enteignung 1945 durch die DDR 1948 bis 1995 die Verwendung als Schulgebäude und 1956 als Gedenkort mit einem kleinen Museum, das an Wieland erinnerte. 1991 gelangte das Gut in den Besitz der Klassik Stiftung Weimar, die es zwischen 1993 und 2000 als Jugendbegegnungsstätte nutzte. Dank der umfassenden Renovierung des Guts 2003 – 2005 vereinigt das Gut heute alle Aspekte seiner langen Geschichte: Als Museum ist es ein Ort des Wieland-Gedenkens, mit der Beherbergung des Wieland-Forschungszentrums steht es im Dienst der aktiven Pflege des Lebenswerks von Wieland und mit der Weimar-Jena-Akademie wird die Tradition der Bildungs- und Begegnungsstätte weitergeführt.

Seit 2021 wird die Ausstellung im Wieland-Museum in Oßmannstedt grundlegend überarbeitet. Es wird vom 2. bis zum 4. September 2022 mit einer Reihe von Veranstaltungen festlich wiedereröffnet.