Die wichtigsten Repräsentanten der deutschsprachigen Literatur der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts kamen aus den protestantischen Reichsgebieten. Nicht zuletzt deshalb erlebte der Buchhandel des nord- und mitteldeutschen Raumes einen immensen ökonomischen Aufschwung, während der katholisch dominierte süddeutsche Buchhandel an Attraktivität verlor: Leipzig wurde das Zentrum des deutschen Buchhandels und löste die Frankfurter Buchmesse ab, die in der Bedeutungslosigkeit versank.
Auch Wieland strebte u. a. der Züricher Zensurschwierigkeiten wegen einen Verlagswechsel nach Mitteldeutschland an. Philipp Erasmus Reich, Mitinhaber der Leipziger Weidmannschen Buchhandlung, ergriff die Chance: Er stattete alle seine Wieland-Editionen großzügig mit Vignetten und Kupferstichen aus, die oft aus der Werkstatt des Leipziger Akademie-Direktors Adam Friedrich Oeser kamen. Weidmanns Wieland-Ausgaben gehören zu den schönsten Erzeugnissen der deutschen Rokoko-Illustration.
1768 eröffnete die Weidmannsche Buchhandlung ihren Reigen Wielandscher Erstausgaben mit den Verserzählungen ›Idris und Zenide‹ und ›Musarion‹. Unter den Werken, die Reich meist in der Dürrschen Buchdruckerei auf bestes holländisches Papier drucken ließ, stechen besonders die von Oeser illustrierten ›Grazien‹ und ›Der Neue Amadis‹ heraus. Während Wieland sich von Oesers ›Grazien‹-Illustrationen entzückt zeigte, hielt er die des ›Neuen Amadis‹›Neuen Amadis‹ für mißglückt: »Die Kupfer sind alle gut exekutiert, aber die Erfindung macht unserm Oeser nur mittelmäßige Ehre. Er hat gerade die am wenigsten interessanten Situationen ausgewählt, und in den meisten Stücken vermisset man den Geist und das Poetische, welches sonst seine Erfindungen bezeichnet.« In seinem eigenen Handexemplar trennte Wieland die meisten Illustrationen heraus – ein Zeichen, wie sehr ihm Oesers Bebilderung mißfiel.
Nach 1780 nahm die Zahl reich illustrierter Editionen im Weidmannschen Verlag ab. Um das Bedürfnis nach besser ausgestatteten Ausgaben dennoch zu befriedigen, ließ man einfach Vorzugsausgaben auf schweres holländisches Papier abziehen, z. B. Wielands Übersetzung der Werke Lukians.
Allerdings brachte Wielands Bindung an Reich auch einen Nachteil mit sich: Der dominante Verleger zahlte zwar ordentliche Honorare, beteiligte seinen Starautor aber nicht am Gewinn. Das war um 1770 noch üblich, begann sich aber zu ändern. Denn erfolgreiche Autoren wie Wieland traten ihre Rechte mit dem Honorar meist nur noch für eine Auflage, nicht mehr für das Werk ab.
Reich umging die Zahlung neuer Honorarforderungen, indem er Neuauflagen als Erstdrucke ausgab: Die Neuauflagen wurden bei Bedarf neu gesetzt, und zwar als täuschend echte Kopien, sog. Doppeldrucke. Sie lassen sich nur an kleinen Textvarianzen erkennen. Manchmal ergaben sich aber auch erhebliche Abweichungen, wie das Beispiel der Erstausgabe und des Doppeldrucks von Wielands ›Musarion‹ zeigt. Den wirklichen Erstdruck eines Werkes zu ermitteln, ist daher eine wichtige Aufgabe der Textkritik.
Ein anderes Phänomen der Zeit ist der Nach- bzw. Raubdruck. Besonders süddeutsche Verleger ließen die wegen geringer Buchhandelsrabatte und hoher Transportkosten teuren und beliebten Artikel nord- und mitteldeutscher Verlage nachdrucken. Da es im 18. Jahrhundert kein verbindliches Urheberrecht gab, war es schwer, rechtlich gegen den Nachdruck vorzugehen.
Nachdrucker und ihre Käufer legten kaum Wert auf die hochwertige Buchausstattung der rechtmäßigen Originaldrucke, wie der Nachdruck der ›Grazien‹ von Christian Gottlieb Schmieder, dem wohl berüchtigsten Raubdrucker der Zeit, zeigt. Sie waren auf billigerem Papier und in einfachster Ausstattung gedruckt und erfreuten sich des geringen Preises wegen besonderer Wertschätzung. Zwar steigerten Raubdrucke die Bekanntheit der Autoren, schädigten sie aber auch, da Verleger wegen der Gefahr des Nachdrucks hohe Honorarzahlungen und Neuauflagen scheuten.