Wieland im Almanach

Daß Wielands Popularität beim Lesepublikum auch nach 1800 nicht abnahm, zeigt sich an der Form seiner letzten Veröffentlichungen. Seine Briefromane und Erzählungen erschienen ab 1800 zunächst in den modischen Taschenbüchern und Almanachen.

Der Almanach ist eine französische Erfindung. Zwischen 1764 und 1833 erschien in Paris alljährlich der ›Almanach des Muses‹, der mit Gedichten und Rezensionen einen Überblick über die aktuelle Literaturszene gab. Das Konzept wurde im deutschen Sprachraum leicht abgewandelt: Der typische Almanach erschien im Duodez- oder Sedezformat, enthielt ein Kalendarium und war mit einem Kranz kleiner Dichtungen beliebter Autoren, unterhaltsamen Aufsätzen, Kupferstichen und Musikstücken abwechslungsreich gestaltet, wie etwa in dem bei Göschen erschienenen Almanach ›Pandora‹.

Eine möglichst bunte und vielfältige Einbandgestaltung reizte zusätzlich zum Kauf. Um 1800 erschien jeweils zum Jahresende eine Vielzahl solcher Almanache, die sich großer Beliebtheit als Geschenkartikel erfreuten. Taschenbücher unterschieden sich vom Almanach meist nur durch das fehlende Kalendarium.

Wieland selbst wandte sich erst spät dieser kurzweilige Unterhaltung bietenden Publikationsform zu. Doch schon in den Anfangsjahren der Almanach-Produktion wurde mit Wieland geworben – entweder mit einem Porträt-Frontispiz, wie im ›Almanach der deutschen Musen auf das Jahr 1773‹, oder mit einer Illustrationsfolge zu seinem beliebten Roman ›Agathon‹ in dem zeitgleich publizierten Göttinger ›Musenalmanach‹. Ende 1809 sieht man den prominenten Autor sogar auf einem szenischen Kupfer zusammen mit Napoleon in Göschens ›Kriegs-Kalender‹; das Gipfeltreffen von Kultur und Politik hatte 1808 in Weimar stattgefunden.

Almanach-Verleger waren ständig auf der Jagd nach namhaften Autoren. So erhielt auch Wieland vermehrt Anfragen zu Beiträgen für das Genre. Er würde »von einigen Buchhändlern, die dermalen an der Spitze der Taschenbuchs-Verleger stehen, so sehr um Beiträge geplagt, daß ich (zumal da mir Herder, Schiller und Goethe selbst mit ihrem ehrenvollen Beispiel vorgeleuchtet) dieser Ehrenmänner nicht länger zu erwehren wußte, und es also machte wie jenes Schwäbische Bauernmädchen, die von einem ihr gar nicht gefallenden aber sehr zudringlichen Freier so übel geplagt wurde, daß sie sich endlich erklärte: I muß de Narre eben nu nemme daß I seiner los werd.« 1803 firmierte er zusammen mit Goethe sogar selbst als Herausgeber auf dem Titel von Cottas ›Taschenbuch für 1804‹›Taschenbuch für 1804‹ – eine Behauptung aus Werbegründen, denn das Bändchen enthielt zwar nur Texte der beiden Autoren, wurde aber vom Verleger initiiert und zusammengestellt. 

Unter- und Hintergrund der Wielandschen Taschenbücher bilden hier die Jahrgänge des von Ramberg illustrierten Taschenbuchs ›Minerva‹ . Es enthielt Illustrationen zu Schillers und Goethes Werken.