Während des 18. Jahrhunderts stiegen die Ansprüche der Buchliebhaber an Ausstattung und Druckqualität der Bücher. Vielbewunderte Luxuseditionen wie Jonathan Pines vollständig in Kupfer gestochene Horaz-Ausgabe von 1733 steigerten das Interesse an bibliophilen Klassiker-Ausgaben.
Anders als der französische Buchmarkt, der den Bücherluxus besonders auf dem Feld der Illustration vorantrieb, begann mit John Baskerville der Aufstieg der typographischen Gestaltung. Baskervilles Druckkunst regte auch außerhalb Englands typographische Neuerungen an. Wielands Werke profitierten von der neuen Entwicklung. Sein Ruf als führender Dichter deutscher Sprache veranlaßte sogar ausländische Drucker, elegante Drucke seiner Dichtungen herauszubringen. Der Schweizer Meisterdrucker Wilhelm Haas demonstrierte seine Künste 1780 an einem kontrastreichen Druck der ›Musarion‹ auf bestem Papier, der zudem reich mit Kupferstichen illustriert war. Und im badischen Kehl erprobte Beaumarchais das Druckmaterial Baskervilles, das er für eine monumentale Voltaire-Ausgabe gekauft hatte, zuerst an einem eleganten ›Musarion‹-Druck.
Das Interesse an Schriftgestaltung strahlte auch auf die Fraktur-Entwicklung aus. Die durch Baskerville und Didot im klassizistischen Stil modernisierten Antiqua-Schriften ermutigten auch deutsche Schriftschneider zum Experimentieren. Einige versuchten sich sogar an der Verschmelzung von Charakteristiken der Fraktur- und Antiqua-Typen. Immanuel Gottlob Breitkopf glich in seiner Lieder-Anthologie von 1793 seine Frakturtype behutsam der breit auslaufenden Antiqua an. Die letzte Stufe seiner Reformbemühungen ist die noch gewagtere Jean-Paul-Fraktur, deren Name auf Jean Pauls ›Palingenesien‹ verweist, für die sie 1798 gebraucht wurde.
Eine andere gelungene Reformfraktur ging auf den Berliner Verleger, Drucker und Schriftschneider Johann Friedrich Unger zurück, der sie u. a. für die Ausgabe von Goethes ›Wilhelm Meisters Lehrjahre‹ verwendete. Sie wurde bis weit ins 20. Jahrhundert gern genutzt, so auch für die ersten drei Bände von Wielands ›Briefwechsel‹, den die Berliner Akademie der Wissenschaften seit 1963 herausgab.
Der in Birmingham ansässige Schreibmeister John Baskerville wollte die Qualität des Buchdrucks steigern und veröffentlichte nach jahrelangen Bemühungen 1757 seine legendäre Vergil-Edition, deren Druckbild durch eine eigens entworfene Schrift, spezielles Papier und nach dem Druck mit Heißpressen bearbeitete Druckbogen neue Standards setzte. Im vorliegenden Exemplar vermerkte ein Besitzer: »Dieser Virgil ist in der de la Vallierischen Bücher Auction zu Paris mit 215 £ bezahlet.« Denn um 1770 gehörte diese Edition zu den kostbarsten Druckerzeugnissen überhaupt, so daß die baskervillesche Offizin selbst eine Fälschung der Erstausgabe auf den Markt brachte. Die Druckschrift orientiert sich an den filigranen Lettern, wie sie Pine in Kupfer gestochen hatte.
Frankreich blieb nicht unbeeinflußt von diesen Tendenzen. Hier war es vor allem die Druckerdynastie Didot, die typographische Prachtwerke schuf. Der in nur 100 Exemplaren gedruckte Vergil von 1791 – hier mit den Kupfern einer Prachtausgabe von 1798 getrüffelt – stellt ihre Meisterschaft unter Beweis. Die kontrastreichen Lettern mit ihren haarfeinen Serifen nutzen sich schnell ab, so daß sich die Druckqualität nur bei kleiner Auflage halten ließ. Die klassizistischen Lettern Didots regten den Jenaer Schriftschneider Johann Carl Ludwig Prillwitz zu einer etwas breiteren, für höhere Auflagen praktikablen Variante an, die Göschen für seine Wieland-Gesamtausgabe von 1794 nutzte.
Die umfangreiche Voltaire-Ausgabe, die Beaumarchais in Kehl in verschiedenen Ausstattungen drucken ließ, war das direkte Vorbild für Wielands Gesamtausgabe. Die geplante Ausgabe der Werke Voltaires in Großquart kam allerdings nicht zustande; nur wenige Einzelwerke erschienen in dieser luxuriösen Form, wie etwa Voltaires Epos ›La Henriade‹.