Wielands Anfänge

Wielands literarische Karriere beginnt mit einem Paukenschlag: Der Hallenser Philosophieprofessor und angesehene Literaturtheoretiker Georg Friedrich Meier gibt Wielands ›Natur der Dinge‹ (1751) in den Verlag Carl Hermann Hemmerdes. Hemmerde ist der Verleger von Klopstocks ›Messias‹, der aufsehenerregendsten deutsch­sprachigen Dichtung der Zeit.

Mit der Publikation bei Hemmerde, die Meier mit einer anerkennenden Vorrede begleitet, kann Wieland einen großen Erfolg verbuchen. Seine ›Natur der Dinge‹ zählt damit – für jeden kenntlich – zur Avantgarde der jungen deutschen Literatur.

Danach kann Wieland zunächst nicht an den Erfolg der ›Natur der Dinge‹ anknüpfen, obwohl noch ein weiteres kleines Werk von ihm bei Hemmerde erscheint. Seine Publikationen der Tübinger Zeit erscheinen bei kleinen lokalen Verlagen in geringer Auflage. Manchmal, wie bei der Dichtung ›Anti-Ovid‹, erschwert auch die Zensur die Verbreitung. Die kleinen, unaufwendig gedruckten Hefte heben sich nicht von vergleichbaren Lyriksammlungen der Zeit ab. Nur seine ›Erzæhlungen‹ läßt er – damals höchst ungewöhnlich für eine deutschsprachige Dichtung – in Antiqua drucken, damit erneut seine Modernität unter Beweis stellend.

Inzwischen steht er im Kontakt mit Johann Jakob Bodmer, einem der führenden Literaturkritiker der Zeit und herausragenden Förderer Klopstocks. Bodmer entschließt sich, den jungen Wieland zu fördern und lädt ihn 1753 nach Zürich ein, um bei ihm zu leben und zu arbeiten.

Bereits um 1697 hatte der Universal­gelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz vorgeschlagen, die Frakturschrift durch die in Europa gebräuchlichere Antiqua zu ersetzen, um Ausländern die deutsche Literatur leichter zugänglich zu machen. Der Leipziger Sprachwissenschaftler und Literatur-theoretiker Johann Christoph Gottsched sprach sich 1748 strikt dagegen aus: Die Fraktur sei ein Wesenszug der deutschen Sprache und daher unbedingt erhaltenswert.

Um 1750 greifen junge Autoren Leibniz’ Gedanken wieder auf und unterstreichen Aktualität und internationalen Anspruch ihrer deutschsprachigen Dichtung mit der Verwendung der Antiqua. Vor allem Wielands Förderer und Lehrer Johann Jakob Bodmer setzt die lateinischen Lettern nun konsequent ein. Ein spätes Denkmal seiner Antiqua-Begeisterung ist etwa der Druck der Manessischen Liederhandschrift von 1758.

Auch Wieland wird ein leidenschaftlicher Befürworter lateinischer Lettern: »Ich wünschte, daß man sie nach und nach einführte, damit wir nicht die einzigen Goten sind, die noch in Europa sind. Ich bin sehr entschlossen, zur Abschaffung der eckigen Buchstaben zu helfen; aber es müssen ansehnliche Autoren sein, die einer solchen Neuerung Autorität geben.« Noch in Tübingen experimentierte er mit der für Leser deutscher Dichtung neuartig-ungewohnten Schrift. In Zürich erscheinen in der Folge weitere Antiqua-Drucke, wie das Hexameter-Epos ›Der Gepryfte Abraham‹.